Covid-19-Schutzgesetz: eine Zumutung für die Pflege

Heimstiftung kritisiert Corona-Regelungen für Pflegeheime als nicht umsetzbar

Der Bundesrat hat am vergangenen Freitag dem neuen Covid-19-Schutzgesetz zugestimmt. Damit gelten ab dem 24. September für alle Pflegeeinrichtungen in Deutschland bundesweite Regelungen zu Test-, Masken und Hygienepflichten. Während die Corona-Regelungen in der Öffentlichkeit kaum Einschränkungen zur Folge haben, bedeuten sie für Pflegende eine extreme Belastung und für Pflegebedürftige einen eklatanten Eingriff in ihr Selbstbestimmungsrecht.

„Die Pflege ist in zweieinhalb Jahren Corona einiges gewohnt und auch bereit vieles auszuhalten, um Heimbewohner zu schützen. Aber das, was jetzt als Covid-19-Schutzgesetz in Kraft treten soll, überspannt den Bogen“, findet Hauptgeschäftsführer Bernhard Schneider. „Es ist mir völlig unbegreiflich, wie ein so grottenschlechtes Gesetz Bundestag und Bundesrat passieren konnte.“ In der Hauptsache betrifft die Kritik der Evangelischen Heimstiftung zwei Bereiche des neuen Gesetzes: Die verschärfte FFP2-Maskenpflicht und das neue Testkonzept.

FFP2-Maskenpflicht für Mitarbeitende und Bewohner
„Insbesondere die Maskenpflicht für Bewohnerinnen, Bewohner und Mitarbeitende ist mehr als eine Zumutung“, findet Schneider. Die FFP2-Maskenpflicht ist in Baden-Württemberg nicht neu, Ausnahmen waren in der Vergangenheit jedoch möglich – bei pflegefernen Tätigkeiten war etwa ein MNS ausreichend. „Für die anstrengende Arbeit der Pflegekräfte konnte hier zumindest zeitweise Entlastung geschaffen werden. Das neue Gesetz bedeutet eine Verschärfung der Arbeitsbedingungen. Und das obwohl Pflegekräfte eine überdurchschnittlichen Immunitätsstatus haben und sich regelmäßig testen“, kritisiert Schneider.

Ein noch weitaus massiverer Einschnitt ist die Vorgabe des Gesetzgebers, dass ab 24. September auch für Bewohnerinnen und Bewohner in Pflegeheimen eine FFP2-Maskenpflicht gilt – auch in gemeinschaftlich genutzten Räumen. Nur im eigenen Zimmer soll diese Pflicht entfallen. „Das ist an Absurdität nicht zu überbieten: In den Festzelten fallen sich die bierseligen Menschen ohne Maske in die Arme, in den Pflegeheimen müssen Bewohnerinnen und Bewohner in der Wohngruppe, also in ihrem Wohn- und Esszimmer, eine FFP2-Maske tragen. Wie soll das funktionieren?“ Niemand kann einen Bewohner 2 zwingen, vor dem Essen und gleich danach oder auch vor und nach dem regelmäßigen Trinken eine Maske auf- und abzusetzen. Diese Vorgabe zeigt, wie weit Minister Lauterbach von der Realität inzwischen weg ist. „Schlimmer aber ist, dass er ohne mit der Wimper zu zucken das Selbstbestimmungsrecht und die Freiheit von pflegebedürftigen Menschen verletzt“, sagt Schneider, „während es genau diese Grundrechte sind, die gegen Maskenpflicht und Kontaktbeschränkungen in der Öffentlichkeit immer ins Feld geführt werden. Da wird mit zweierlei Maß gemessen.“

Testkonzept

Auch die Testkonzepte in Pflegeinrichtungen sollen weiter verschärft werden, während in der Öffentlichkeit weitgehend keine Testungen mehr stattfinden: Wo bislang für Pflegekräfte ein Selbsttest ausreichend war, müssen die Tests nun von einer zugelassenen Teststelle oder dem Pflegeheim überwacht werden. „Diese Regelung ist an Ignoranz gegenüber den Pflegenden nicht zu überbieten“, sagt Schneider. Die Pflegekräfte müssen zwar die Testvorgaben bei Besucherinnen und Besuchern überwachen, die Verantwortung für die eigene Testung wird ihnen jedoch abgesprochen. „Mitarbeitende von ambulanten Diensten dürfen Selbsttests zu Hause durchführen, die Mitarbeitenden unserer Pflegeheime aber nicht. Selbst Schülerinnen und Schüler dürfen Tests zu Hause machen, unsere Pflegekräfte müssen überwacht werden. Wie soll man das verstehen?“ fragt sich Schneider.

Die Heimstiftung ist enttäuscht, wie viele andere Heimbetreiber auch, dass es wirksame öffentliche Maßnahmen gegen eine Herbstwelle nicht gibt, die Regeln für Pflegende und Heimbewohner aber deutlich verschärft werden.