Ein Brysch-Brutal

Von Bernhard Schneider

Das ist mal wieder ein Brysch-Brutal: „Lieber tot als im Pflegeheim.“ Diese Schlagzeile und die Befragung der Stiftung Patientenschutz haben mich sprachlos gemacht. Wie Herr Brysch, als selbsternannter „Patientenschützer“ Pflegeheime, Heimbewohner und Pflegende diffamiert ist unsäglich. Wer Menschen fragt, ob sie lieber sterben als ins Pflegeheim zu gehen, will nicht aufklären und schützen, sondern skandalisieren und anprangern. Damit ist niemandem geholfen, am wenigsten denjenigen Menschen, die Brysch vorgibt schützen zu wollen. Vielmehr befeuert er Ängste, mit denen sich alle konfrontiert sehen, die in einer schwierigen Lebenssituation auf Hilfe angewiesen ist. Das ist unverantwortlich, denn es erschwert die Entscheidung in ein Pflegeheim umzuziehen und erhöht das schlechte Gewissen von Angehörigen.

Wir können Menschen, die vor der Frage Pflegeheim ja oder nein stehen, nur raten, nicht auf Skandalisierer wie Brysch zu hören, sondern sich unsere Einrichtungen genau anzuschauen und mit den Menschen dort sprechen. Sie werden dann feststellen, dass ein gemeinschaftliches Wohnen im Pflegeheim die Lebensqualität spürbar verbessern kann. Das bestätigen im Übrigen die Ergebnisse von zahlreichen Befragungen, die auch wir in der Heimstiftung von unabhängiger Stelle regelmäßig durchführen. Über 90% der Heimbewohner fühlen sich wohl im Heim und über 60% der Angehörigen würden bei Pflegebedarf selbst in das Heim einziehen. Wer den Heimalltag von innen kennt, hat einen anderen Blick darauf.

Natürlich ist mir bewusst, dass der Ruf der Pflegeheime auch teilweise selbst gemacht ist. Die Pflege jammert gern und verkennt dabei, dass sie dadurch keines ihrer Probleme löst. Ich glaube aber auch, dass unser gesellschaftliches Bild vom Alter eine große Rolle spielt: alle wollen alt werden, aber niemand will alt, schon gar nicht pflegebedürftig und auf andere angewiesen sein. Genau das anzuerkennen, wird mit einem Umzug ins Pflegeheim unausweichlich. Es ist doch nur menschlich, wenn wir das so lange wie möglich wegschieben und damit auch das Pflegeheim ablehnen.

Deshalb muss unsere Gesellschaft lernen, die Würde des Alters zu respektieren, Pflege als einen Teil des Lebens anzuerkennen und dafür zu sorgen, dass auch in dieser Lebenssituation Teilhabe und Selbstbestimmung möglich sein müssen. Ein Weg übrigens, den die Stiftung Patientenschutz auch einschlagen könnte.