Politik verhindert Umsetzung der Impfpflicht zum 15. März

Eigentlich sollten ab 16. März nur noch Immunisierte in Pflegeeinrichtungen arbeiten dürfen. Doch die neuesten Handreichungen zur Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht sind ein herber Rückschlag für alle Träger, die sie konsequent umsetzen wollen. Den Gesundheitspolitikern und ihren Ministerien in Bund und Land scheinen der Datenschutz und ein bürokratisches Verwaltungsverfahren wichtiger zu sein als der Schutz pflegebedürftiger Menschen.

Im Dezember 2021 wurde in Berlin die einrichtungsbezogene Impfpflicht nach § 20a Infektionsschutzgesetz beschlossen. Seitdem ringen Bund und Land um Vorgaben zur Umsetzung. Wer die neuesten Verlautbarungen anschaut könnte den Eindruck gewinnen, dass sich diejenigen durchgesetzt haben, die der Impfpflicht ohnehin kritisch gegenüberstehen und seit Wochen einen Pflegenotstand heraufbeschwören. Für die EHS und andere Träger, die sich seit Herbst 2021 für die Impfpflicht stark machen und konsequent umsetzen wollen, ist das bitter.

Freistellung Ungeimpfter ab 16. März vom Bund verhindert

„Wir haben frühzeitig entschieden, die Gesundheit und das Wohlergehen unserer Kundinnen und Kunden zum Maßstab unseres Handelns zu machen“, sagt Hauptgeschäftsführer Bernhard Schneider. Deshalb war seit Inkrafttreten der Impfpflicht klar, dass die Heimstiftung bereits ab 16. März alle Mitarbeitenden freistellen würde, die wegen eines fehlenden Immunitätsstatus dem Gesundheitsamt gemeldet werden müssen. Zweck des IfSG ist es, eine höhere Impfquote zu erreichen und das Ansteckungsrisiko für Bewohner und Mitarbeitende in Pflegeheimen zu minimieren.

Daraus wird jetzt nichts, denn in den neu formulierten FAQ des BMG steht: „Die öffentlich-rechtliche Vorschrift des § 20a IfSG begründet kein Recht des Arbeitgebers zur Freistellung“. Stattdessen wir diese Entscheidung den ohnehin schon überlasteten Gesundheitsämtern übertragen. Das Pflegeheim kann die nicht immunisierten Beschäftigten erst freistellen, wenn ein rechtskräftiger Bescheid der Behörde vorliegt – und das kann dauern. „Es ist absurd“ erklärt Schneider „damit nimmt uns Herr Lauterbach die Möglichkeit aus der Hand, sein Gesetz ab 16. März umzusetzen. Wir haben als Heimbetreiber zwar die Verantwortung für die Sicherheit der Bewohner, die Entscheidung, ob jemand ungeimpft das Haus betritt, haben wir aber nicht“.

Langwieriges Verwaltungsverfahren vom Land vorgegeben

Für die Heimbetreiber, die ungeimpfte Mitarbeitende unverzüglich freistellen wollen, bestand bis vor Kurzem noch die Hoffnung, dass diese Verfahren bei den Gesundheitsämtern bevorzugt behandelt werden. Niemand würde verstehen, wenn die Träger, die unter Fortzahlung der Bezüge Mitarbeitende freistellen wollen und die Versorgung gewährleisten, länger auf Bescheide warten müssten, als die Träger, die aufgrund ihrer Versorgungssituation die ungeimpften Mitarbeitenden noch beschäftigen müssen.

Aber auch daraus wird nichts. Denn in den Handlungsleitlinien des Sozialministeriums in Baden-Württemberg ist dazu nichts zu lesen, im Gegenteil: Die Träger sollen davon absehen, den Gesundheitsämtern Sachverhalte im Einzelfall mitzuteilen. Das Verfahren ist sehr bürokratisch und aufwändig. „Man kann den Eindruck gewinnen,“ sagt Schneider, “dass der Datenschutz wichtiger ist, als der Gesundheitsschutz“. Damit ist völlig unklar, wann der Bescheid über ein Beschäftigungs- oder Zutrittsbesuch zugestellt wird. „Wahrscheinlich sind es mindestens drei Monate, eher mehr, bis wir wissen, ob wir ungeimpfte Mitarbeitende freistellen dürfen“, vermutet Schneider, „und das, obwohl Berlin eine Impfpflicht zum 15. März entschieden hat“. Bis es soweit ist, liegt die Verantwortung für Impfausbrüche und schwere Krankheitsverläufe auch bei der Politik.

Impfpflichtverhinderungspolitik in Bund und Land

„Wir sind von dieser Impfpflichtverhinderungspolitik in Bund und Land maßlos enttäuscht und richtig sauer“, sagt Schneider. Doch der Ärger ändert nichts an der Strategie des Unternehmens: „Wir halten an unserem Ziel fest, die 2G-Plus-Regel in Pflegeeinrichtungen einzuführen. Mitarbeitende die nicht bereit sind, den notwendigen Schritt einer Impfung zu machen, müssen damit rechnen, dass sich unsere Wege trennen, sobald der Bescheid des Gesundheitsamts da ist“.

Die Heimstiftung hofft, dass es auf dem Weg zur Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht keine weiteren Hürden gibt. Das Unternehmen setzt nach wie vor darauf, dass der politische Wille in Berlin tatsächlich da ist, die allgemeine Impfpflicht noch rechtzeitig vor der nächsten Coronawelle einzuführen. „Es wäre fatal und unverantwortlich, wenn wir nach all dem Leid der zurückliegenden Coronajahre im Herbst in der nächsten Welle stehen würden.“