Schutzkonzept für Pflegeheime? Fehlanzeige - Eine Testpflicht in Pflegeheimen sucht man in der Coronaverordnung vergeblich

Die Evangelische Heimstiftung ist von der aktuellen Coronapolitik des Landes enttäuscht. Sie fordert das Sozialministerium auf, endlich ein umfassendes Schutzkonzept für die besonders gefährdeten Menschen in den Pflegeheimen in der Coronaverordnung zu verankern. Dazu gehören strengere Regeln beim Testen sowie mehr Tempo und proaktive Konzepte beim Impfen.

Nachdem der Lockdown bundesweit verlängert wurde hat man bei der Evangelischen Heimstiftung gespannt auf die geänderte CoronaVO des Landes gewartet. Bereits bei der letzten Verordnung Mitte Dezember sind die Testpflichten viel zu lasch ausgefallen. Zwar mussten die Pflegeheime Tests anbieten, aber Besuchern und Mitarbeitern stand es im Prinzip frei und niemand musste mit Konsequenzen rechnen, wenn er sich weigert. „Natürlich lassen sich die allermeisten auch bereitwillig testen, aber auch in den Pflegeheimen gibt es Coronaleugner und für die brauchen wir klare rechtliche Regelungen“, fordert Bernhard Schneider, Hauptgeschäftsführer der Evangelischen Heimstiftung.

Rechtlich verbindliches Schutzkonzept für Pflegeheime: Schützen, testen, impfen

Die Evangelische Heimstiftung fordert deshalb ein konsequentes Schutzkonzept für die Pflegeheime: Alle Besucher und Mitarbeiter, also alle Personen, die ein Haus betreten, müssen unmittelbar vorher einen Schnelltest machen und während des Aufenthaltes eine FFP2-Maske tragen. Eine umfassende Teststrategie ist momentan und bis auf Weiteres, das einzig wirksame Schutzschild gegen das Virus. Doch davon ist die neue CoronaVO weit entfernt. Für alle Besucher kommt jetzt zwar die Testpflicht und die FFP2-Maske. Doch der Test muss nicht am Tag des Besuchs und auch nicht vor Ort gemacht werden. Jeder Test ist eine Momentaufnahme und oft sind gestern negativ Getestete heute positiv. „Sollen wir mit Coronaleugnern diskutieren, ob ein Test von gestern ausreicht? Warum werden nicht alle, die ein Heim betreten, verpflichtet, sich unmittelbar vorher testen zu lassen? Da wird eine Sicherheitslücke aufgemacht, die sehr riskant und unnötig ist“, mahnt Schneider.

Und: Eine Testpflicht für Pflegemitarbeiter gibt es weiterhin nicht, sondern es wird zunächst eine neue Taskforce eingerichtet, die dies beratet. „Wie kann man da zögern? Ich verstehe nicht, warum sich unser Ministerium so schwer tut mit einer Testpflicht für Mitarbeiter. In vielen Fällen sind es Mitarbeiter, die das Virus in die Häuser schleppen“, sagt Schneider. Von den rund 12.500 Tests, die in der EHS wöchentlich bei Mitarbeitern gemacht werden, sind zwar nur 0,3 Prozent positiv. Das sind aber immerhin rund 30 Personen, die fast immer auch mit dem PCR-Test positiv bestätigt werden. „Jeder weiß, was es für alte Menschen bedeutet, wenn das Virus in ein Pflegeheim gelangt. Deshalb verstehe ich nicht, wie man bei der verbindlichen Testpflicht für alle zögern kann“, ärgert sich Schneider.

Fehlendes Testpersonal darf jetzt auch keine Ausrede mehr sein, denn bereits seit Oktober weiß jedes Pflegeheim, dass die Schnelltests das entscheidende Schutzschild sind. Und seit Anfang November ist klar, dass Schnelltests und das zusätzliche Testpersonal refinanziert werden. Da kann man kaum noch argumentieren, es gäbe keine Leute zum Testen.

Mehr Tempo und proaktives Handeln bei der Impfkampagne

Neben der verbindlichen Testpflicht ist ein schnelles und unbürokratisches Impfen das zweite wichtige Schutzschild gegen das Virus. „Wir hatten nach dem Maskendesaster vom Frühjahr gehofft, dass die Impfkampagne besser läuft, sehen uns aber wieder enttäuscht“, sagt Schneider. Denn Heime werden zwar vorrangig geimpft, aber das geht langsam und sehr bürokratisch zu. „Ob das an zu wenig Impfstoff oder organisatorischen Problemen liegt, wissen wir nicht“, sagt Schneider. Wenn aber das Versprechen Jens Spahns eingelöst werden soll, bis Mitte Februar alle Pflegeheime zu impfen, dann muss das Tempo deutlich erhöht werden. Von den 86 Häusern der EHS sind allenfalls 30 Prozent mit der ersten Impfung versorgt worden, manche warten immer noch auf die ersten Termine.

Die EHS hat bereits im November eine eigene Impfkampagne gestartet, um die Impfbereitschaft zu erhöhen. Trotzdem kann die Impfbereitschaft noch höher sein. Mit einer Impfpflicht für Pflegekräfte und andere systemrelevante Bereiche ist derzeit nicht zu rechnen. „Aber die entscheidende Frage wird sein, wie mit Mitarbeitern umzugehen ist, die sich nicht impfen lassen. Auch dafür muss die Politik frühzeitig Antworten geben“, fordert Schneider. Was nicht sein darf ist, dass sich die meisten Mitarbeiter verantwortungsvoll impfen lassen und diese Sicherheit durch wenige konterkariert wird. „Wenn alle Mitarbeiter die Möglichkeit hatten sich impfen zu lassen, die Geimpften Schutz haben und klar ist, dass sie auch nicht ansteckend sind, muss es Erleichterungen für Geimpfte, etwa beim Testen und beim Masketragen geben“, fordert Schneider.

Nach wie vor ein großes Ärgernis: Die Mieter in Betreuten Wohnungen, die Gäste von Tagespflegen und die Pflegebedürftigen zu Hause werden nicht mitgeimpft. „Für diese Menschen erkenne ich noch keine überzeugende Strategie“, sagt Schneider. Die Sozialdienste der EHS unterstützen vor Ort bei Terminbuchungen, organisieren Fahrdienste zu den Impfzentren. Das dauert aber und ist für die alten Menschen mühselig und völlig unverständlich. Stattdessen schlägt die EHS vor: Sobald die Mobilen Impfteams Kapazitäten haben, sollen sie in die Fläche gehen und die 300.000 Pflegebedürftigen impfen, die zu Hause von Angehörigen und Pflegediensten versorgt werden. „Wir brauchen eine proaktive, aufsuchende Strategie für diesen Personenkreis. Das Sozialministerium und die Landesregierung haben hier die Bringschuld“, sagt Schneider.