Ausgabe 2/2017

Impuls „Mission heißt: zeigen, was man liebt. Was man liebt, hält man nicht in einem geheimen Winkel.“ Der Andachtsraum ist anders als Arbeitszimmer, Konferenzräume oder Cafeteria. Er spiegelt nicht den Alltag, sondern führt von ihm weg. Er unter- bricht ihn und bietet eine Andersheit, die einen in eine neue Rolle bringt: als Beter und Hörer, als Singender oder Nachdenklicher. Wir sprechen dort anders, verhalten uns anders, werden ruhiger oder unruhiger durch die Ruhe des Raumes. Es ist ein Raum der Stille. Ein schlichter Raum, kein Erlebnisbereich. Sitzhockern ist jede Gemüt- lichkeit fremd. Es ist ein Ort der Besinnung und Ermutigung. Texte der Bibel werden gelesen, Ge- schichten erzählt. Es wird gebetet, gesungen. Wo gibt es das, dass Menschen miteinander singen, ohne dass sie geübte Sänger sind? Der Andachtsraum ist offen und zugänglich. Wer ihn betritt spürt, dass er zu mir redet. Er erklärt die Fundamente christlichen Glaubens. Ja, er ist ein Stück Mission. Wie auch Wurzeln der Evange- lischen Heimstiftung in der Tradition der Inneren Mission liegen. Mission heißt: zeigen, was man liebt. Was man liebt, hält man nicht in einem ge- heimen Winkel. Formensprache: Quadrat, Kreis und Kreuz Martin Burchard, Künstler aus Tübingen, hat diesen Raum gestaltet. Er hat die Formensprache auf drei geometrische Figuren reduziert: Quadrat, Kreis und Kreuz. Das Quadrat greift die Grund- form des Raumes auf. Im Kreis findet die Andacht statt. Das Kreuz stellt für ihn ein Mehrwert dar und ist zugleich ein Pluszeichen. Kunst und Ar- chitektur haben für Burchard eine eigene verkün- digende Dimension. Die Installationen im An- dachtsraum beschreibt er wie folgt: „Jedes der drei Wandobjekte besteht ausschließlich aus Quadraten. Von den rechteckigen Formen ist das Quadrat die homogenste Form, die aber gleich- wohl Ecken und Kanten hat, so wie auch wir Menschen Ecken und Kanten haben. Im Zentrum der Wandobjekte sieht man ein Kreuz oder ein Pluszeichen – je nachdem wie man es gerade wahr- nimmt. Diese gedankliche Verknüpfung ist er- wünscht und drückt aus: ‚Das Kreuz als Plus‘.“ „Das Kreuz als Plus“ – Heimstiftung Plus. Das Plus meint keine Zusatzleistung, sondern die Basis, die alle Leistungen trägt und prägt. Das Plus steht für die Öffnung des Lebens auf Gott hin. Das goldene Plus-Kreuz Der Andachtsraum ist einerseits schlicht. Er ist ein Raum der Disziplin, der sich gegen Superlative wehrt, von denen wir täglich umgeben sind. An- dererseits arbeitet Burchard mit Blattgold, einem Werkstoff, der von alters her das kostbarste Mate- rial ist, um auf Gott zu verweisen. Bei der Gestal- tung des zentralen Wandobjekts, des goldenen Plus-Kreuzes, verwendet er verschiedene Arten von Blattgold, deren Anordnung für ihn bedeutsam ist: „Die Quadrate außen sind mit Rotgold belegt. Rot ist eine Farbe, die u.a. Schmerz ausdrückt. Es soll hier auf Karfreitag verwiesen werden. Bei genauer Betrachtung erkennt man in diesen kleinsten äu- ßeren Quadraten auch jeweils noch ein Kreuz. Das Plus-Kreuz in der Mitte ist inWeißgold ausgeführt. Weiß wiederum ist die liturgische Farbe von Os- tern, die Farbe der Auferstehung und somit das größtmögliche Plus. Unser aller Leben ist wohl immer wieder ein Wechsel zwischen dem Gefühl der Belastung, der Schwere, des Schmerzes und einemGefühl, dass es wieder gut weitergeht, einem Dörfer und Städte brauchen eine Seele. Und auch ein Verwaltungsgebäude braucht einen Ort, wo die Seele ein Zuhause hat. Der Andachtsraum im Antonie-Kraut-Haus ist so ein Ort, der Kraft gibt. Der eine Anziehungskraft ausübt. Wo Mit- arbeiter wissen oder spüren, wohin sie gehen müssen, um zur Ruhe zu kommen, um Atem zu holen, um Segen zu tanken. Der Andachtsraum im Antonie-Kraut-Haus als Ort der Besinnung und Ermutigung Der Seele Raum geben 22 „Aus der Heimstiftung“ 2/2017

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