Ausgabe 1/2019
in jeder unserer Einrichtungen findet sich ein solches klassisches Ehrenamt, bei- spielsweise in Gestalt von Besuchsdiens- ten sowie Hol- und Bringdiensten, ebenso in Form von Spiel- und Handarbeitsange- boten oder der Mithilfe bei Mahlzeiten. Freiwilliges Engagement (Engagement 2.0) Ende der 1980er Jahre treten erste Ver- änderungen auf. Lebensläufe werden vielfältiger. Man spricht zum Beispiel von Patchwork-Karrieren und Patch- work-Familien. Die traditionelle Verbun- denheit mit der Kirche nimmt ab. Die Engagierten fordern Beteiligung, bringen eigene Gestaltungsideen ein und achten nun mehr auf ein Gleich gewicht von Eigennutz und Gemeinwohl. Parallel zu diesemWandel bleibt jedoch weiterhin das klassische Ehrenamt bestehen. Cha- rakteristisch für diese Form der Freiwilligenarbeit in der EHS ist etwa das in der Männerwerkstatt im Haus auf dem Wimberg, Calw, gelei- stete Engagement. Das dortige Atelier für Holzarbeiten eröffnet den Engagierten die Möglichkeit, Ideen zu entwickeln und schöpferische Einfälle eigenständig umzusetzen. Bürgerschaftliches Engagement (Engagement 3.0) In den 1990er Jahren vollzieht sich ein erneuter Wandel. Ermutigt etwa von der friedlichen Revolution vor 1989 in Ost- deutschland, richtet sich der Blick beim Engagement auch auf politische Fragen wie die Stärkung der Demokratie. Typisch für das Engagement 3.0 sind ‚Zukunfts- konferenzen‘, ‚Runde Tische‘ oder, am Beispiel der EHS, Fördervereine, mit Hilfe derer Bürger ihre gesellschaftlichen Anliegen nun selbst in die Hand neh- men. So engagiert sich der Freundeskreis Pflegewohnhaus Nehren, als Abteilung des dortigen Krankenpflegevereins, in enger Zusammenarbeit mit der Haus direktion seit vielen Jahren für eine aktive Weiterentwicklung und Umset- zung der Engagement-Angebote in der Einrichtung. Engagement 4.0? Zurzeit zeigen sich weitere tiefgreifende Veränderungen. Es engagieren sich immer mehr Menschen, aber eher kurzfristig und weniger umfänglich. Die Öffnung ins Quartier zieht Menschen aus dem Stadt- teil an, Zugehörige anderer Religionen, Geflüchtete, Studierende – Menschenmit neuen Motiven. Es wird über die Inklu sion von hochbetagten Menschen dis kutiert, vor allem aber verändert die Nutzung digitaler Medien das Engage- ment. Hier bieten sich neue Möglich- keiten der politischenMeinungsäußerung und Aktivierung, aber auch für die Akqui se und die Begleitung von Engagierten. Beispiele für das Engagement 4.0 finden sich bereits in einigen Einrichtungen der EHS, wie beispielsweise in der Region Stuttgart mit der Teilnahme an der Test- phase von VoluntHero, einem Social Start-up zur digitalen Akquise von Enga- gierten (vgl. www.volunthero.de ). Im Haus an der Metter in Bietigheim- Bissingenwerden Engagierte zu ALADIEN - Mentoren ausgebildet. Sie werden zukünf- tig in Zusammenarbeit mit der dortigen ALADIEN -Verantwortlichen Bewohner des Betreuten Wohnens beim Gebrauch von ALADIEN unterstützen. Und auch die EHS-Senioren leben das Engagement 4.0: Sie beteiligen sich am Senioren-Medien- mentoren-Programm des Landesmedien- zentrums Baden-Württemberg. Dort werden sie kostenfrei zumMedienmentor ausgebildet; im Gegenzug geben sie das erworbene Wissen im Rahmen von Stammtischen, Mediensprechstunden, generationsübergreifenden Projekten an Ältere weiter (vgl. www.lmz-bw.de/landes medienzentrum/mentorenprogramme). Beratungsprozess zum ‚Engagement im Wandel‘ An vielen Standorten der Evangelischen Heimstiftung findet sich eine bunte Mischung aus diesen Engagement- Formen; vorherrschend ist dabei sicher- lich noch die klassische Form der Version 1.0. Was tun, wenn in Engagierten-Grup- pen völlig verschiedene Typen aufeinan- dertreffen? Wie können Koordinatoren verhindern, dass traditionelle Ehrenamt- liche die neuen Engagierten als Konkur- renz erleben? Selbstorganisiertes, selbst- bestimmtes Engagement in der Altenhilfe – wie kann da die Zusammenarbeit mit den Hauptamtlichen gelingen? Um diese Fragen zu beantworten, startete die Stabsstelle Theologie und Ethik im vergangenen Herbst ein Beratungsprozess zum ‚Engagement im Wandel‘ in Zusam- menarbeit mit Professor Dr. Paul-Stefan Roß, Leiter des Studiengangs Soziale Diens te der Jugend-, Familien- und Sozialhilfe an der Dualen Hochschule Baden- Württemberg. Wo, so die Überlegung, steht die EHS heute in ihrem Ehrenamt, und, sind wir bereit für ein Engagement 4.0? Wie soll das ‚Ehrenamt‘ im Jahr 2024 aussehen? Was sind die wichtigsten Weichenstellungen, welche Teilschritte sind hierfür notwendig? Und, ebenfalls ganz wichtig, was ist das Bleibende, das Gute, das wir bewahren wollen? Ute Catrin Bührer „Aus der Heimstiftung“ 1/2019 29 Ehrenamt aktiv
RkJQdWJsaXNoZXIy MTU2Njg=