Ausgabe 1/2023

| Gute Pflege | 1_2023 | 11 Das Wichtigste: Pflegebedürftige und Angehörige müssen schnell und spürbar finanziell entlastet werden. Das Gutachten von Prof. Rothgang beinhaltet außerdem unterschiedliche zukunftsfähige Finanzierungsbausteine, die in Kombination die Pflegeversicherung auf solide Füße stellen. Gleichzeitig eröffnen sie Spielraum für politische Kompromisse: Steuerzuschuss und Beitragserhöhung Neben dem Steuerzuschuss, der mindestens die versicherungsfremden Leistungen, wie etwa Corona-Mehrausgaben, ausgleichen muss, und einer moderaten Erhöhung des Versicherungsbeitrags gibt es drei weitere Stellschrauben, die einen spürbaren Effekt auf die Einnahmen haben. Zuschuss der Länder „Da ist zunächst ein Zuschuss, den die für die pflegerische Infrastruktur verantwortlichen Länder leisten müssen, umHeimbewohnerinnen und -bewohner bei den hohen Investitionskosten zu entlasten“, erklärt Schneider. Bürgerversicherung Eine vierte, grundlegende Stellschraube ist die Weiterentwicklung der Pflegeversicherung zu einer Bürgerversicherung. Damit werden alle Bürger und alle Einkommensarten in die Solidargemeinschaft einbezogen. Das aktuelle duale System der Sozialversicherung sieht die Möglichkeit vor, ab einem bestimmten Einkommen eine private Pflegeversicherung abzuschließen und nicht mehr in die gesetzliche Sozialversicherung einzubezahlen. Die Initiative Pro-Pflegereform schlägt vor, dieses System abzuschaffen. Wenn alle, insbesondere auch Vielverdiener, in die Versicherung einbezahlen, steht der Pflegeversicherung mehr Geld zur Verfügung. Es gäbe dann darüber hinaus für alle die Möglichkeit, eine freiwillige Vollversicherung für die Pflegekosten abzuschließen – also eine private Zusatzversicherung als Ergänzung zur gesetzlichen. „Ein Herzensanliegen, das SPD und Grüne verbindet“, findet Schneider. Begrenzung des Eigenanteils Und schließlich der Sockel-Spitze-Tausch, der nicht nur die Eigenanteile der Heimbewohner verlässlich begrenzt. Nach dem Sockel-SpitzeTausch übernimmt die Pflegversicherung künftig alle pflegebedingten Kosten, die über einen fixen Eigenanteil hinausgehen. Alle Verbesserungen (Gehälter, Personalschlüssel usw.) übernimmt dann die Pflegekasse und nicht – wie im aktuellen System – der Versicherte. „Der Sockel-SpitzeTausch macht das finanzielle Risiko bei Pflegebedarf kalkulierbar und eröffnet damit dieMöglichkeit, über eine Absicherung des Eigenanteils die private Vorsorge zu stärken – einHerzensanliegen der FDP. Wenn jeder in der Ampel dem Regierungspartner sein Herzensanliegen gönnt, sind Kompromisse und eine große Pflegereform tatsächlich möglich. Nötig wäre dafür jedoch der politische Wille, die pflegepolitische Lähmung zu überwinden und gemeinsam mit den Betroffenen nach konstruktiven Lösungen zu suchen“, sagt Schneider. „ Mit dem jetzt vorliegenden Referentenentwurf bricht die Regierung ihr Koalitionsversprechen, denn die geplanten Maßnahmen kosten Geld, das die Beitragszahler auf- bringen müssen, ohne dass dadurch auch nur eines der Strukturprobleme der Pflegeversicherung gelöst wird.“ Bernhard Schneider

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