Ausgabe 1/2024

| Gute Pflege | 1_2024 | 29 Wie viele Entscheidungen fallen anteilig im Konsens, sodass kein Schlichtungsverfahren notwendig wird? Entscheidungen durch den Schlichtungsausschuss sind die große Ausnahme. In den allermeisten Fällen – etwa 97 Prozent der Entscheidungen – finden die Dienstgeber- und Dienstnehmerseite in der Arbeitsrechtlichen Kommission der Diakonie Deutschland eine Verhandlungslösung. Zwischen 2007 und 2024 musste der Schlichtungsausschuss nur dreimal eine Entscheidung fällen. Ein Grund dafür ist auch, dass für beide Seiten überhaupt nicht absehbar ist, wie in einer Schlichtung entschieden wird. Es ist also erstrebenswert sich zu einigen und nur dann, wenn wirklich gar kein Gespräch zwischen den beiden Parteien mehr möglich ist, die Schlichtung anzurufen. Wenn wir das Ausmaß der Streiks in der aktuellen Zeit sehen – ist der Dritte Weg, der den Streik ausschließt, die Zukunft für alle? Ich nehme jedenfalls wahr, dass etwa die jüngsten Bahnstreiks zunehmend auf Kritik stoßen. Eine Gewerkschaft ist da anders. Denn eine Gewerkschaft wird nicht sichtbar, wenn sie sich im Stillen einigt, sondern im Streik – wenn sie eine große Kampagne startet und in der Öffentlichkeit laut wird. Und diese Sichtbarkeit braucht sie, um viele Mitglieder zu gewinnen, um so möglichst durchsetzungsstark zu werden und um ihre Finanzierung zu sichern. Auch hinterfragen mittlerweile einzelne Stimmen aus der Politik das Streikrecht in der Daseinsvorsorge. Inwieweit der Dritte Weg hier das bessere Modell bietet, müssen andere entscheiden. Das kircheneigene Kommissionsmodell zeigt jedenfalls: Auch ohne Arbeitskämpfe kann ein Druck zur Einigung aufgebaut werden, der am Ende zu ausgewogenen Ergebnissen führt. Das Streikrecht, aber auch der Dritte Weg, als eigenes Arbeitsrecht der Kirchen, haben eine lange Historie – sind die ursprünglich jeweils ausschlaggebenden Gründe dafür überhaupt noch gegeben? Gibt es noch eine Legitimation – für Streiks zum einen, aber auch für ein gesondertes Arbeitsrecht der Kirchen, insbesondere auch für die Wohlfahrtsverbände? Für die Kirchen und die Diakonie gelten die Gründe unverändert weiter. Zum diakonischen Selbstverständnis gehört: Der Dienst am Menschen steht jederzeit und überall an erster Stelle. Junge, Alte, Kranke oder Menschen mit einer Behinderung sollen keine Einschränkungen erleben, nur weil Arbeitnehmer und Arbeitgeber sich nicht einigen können. Das kirchliche Arbeitsrecht legitimiert sich aber auch durch die vielen Vorteile für die Mitarbeitenden. Während deutschlandweit die allgemeine Tarifbindung der Beschäftigten abnimmt, liegt die Bindung an Flächentarife in diakonischen Einrichtungen bei rund 97 Prozent. Neben der attraktiven Vergütung punkten diakonische Einrichtungen mit umfangreichen Sonderleistungen wie Zulagen, Zuschlägen und einer zusätzlichen betrieblichen Altersvorsorge. „ Zwischen 2007 und 2024 musste der Schlichtungsausschuss nur dreimal eine Entscheidung fällen.“ > > >

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