8 | Gute Pflege | 3_2024 | > > > Jahrzehnte seines Lebens geprägt haben, sind einfach ausgelöscht“, sagt Karin Cwerenz. Ein wahrer Geschichten-Erzähler war ihr Vater. „Er konnte einen richtig in seinen Bann ziehen.“ Der Erzähler ist geblieben, die Geschichten werden weniger. „Zu sehen wie immer mehr verloren geht, von dem Mann, der mitten im Leben stand, tut manchmal weh“, sagt Karin Cwerenz. „Gleichzeitig ist er aber nicht unglücklich. Im Gegenteil: Er ist zufrieden in seiner Welt und das wiederum ist ein Geschenk und macht alles leichter.“ Denn das ist keine Selbstverständlichkeit. Dessen sind sich Karin und Andreas Cwerenz bewusst. „Die Krankheit kam schleichend in unser Leben“, erzählen sie. 2015 verstarb die Frau von Egon Sodan ganz plötzlich. „Ich glaube sie war die erste, die schon eine Vorahnung hatte. Denn kurz vor ihrem Tod sagte sie zu mir: „Ihr werdet mit dem Opa noch eine große Aufgabe haben“, erzählt Karin Cwerenz. Sie und ihr Mann bemerkten damals noch keine Veränderung. Zwei Jahre sollte alles seinen gewohnten Gang gehen. Der Vater lebte nur wenige hundert Meter entfernt, kam häufig zum Essen vorbei. Nach und nach verbrachte er immer mehr Zeit bei Tochter und Schwiegersohn. Aus dem Besuch zum Mittagessen wurden mehrere Stunden und später ganze Tage. Irgendwann hörte er auf selbst Kaffee zu kochen und Auto zu fahren – er wusste nicht mehr wie es geht. Über Stunden saß er im Wohnzimmer der Familie, um klassischer Musik zu lauschen und in seine eigene Welt abzutauchen. Schon als Jugendlicher war er gerne zu Klavierkonzerten gegangen, spielte auch selbst Klavier. „Zu diesem Zeitpunkt kamen immer mehr Dinge dazu, die nicht mehr selbstständig gingen. Er selbst hat das nur hin und wieder realisiert. Dann saß er schon einmal traurig am Küchentisch. Aber große Verzweiflungsmomente über die Krankheit gab es nie. Es war ein langsamer, stetiger Prozess über mehrere Jahre“, erzählt Karin Cwerenz. „Irgendwann nahm er statt der Fernbedienung das Telefon, um den Fernseher einzuschalten. So hat sich das in vielen Bereichen fortgesetzt. Wir waren im Grunde rund um die Uhr in Sorge, ob alles in Ordnung ist, waren über Jahre nicht im Urlaub. Wir haben alles getan, um ihm so lange wie möglich das Leben zu Hause zu ermöglichen“, sagt Karin Cwerenz. „Mein Vater hat früher immer geäußert, dass er auf keinen Fall in ein Pflegeheim möchte. Natürlich verspürt man da als Kind einen gewissen Druck und auch den Wunsch, das zu ermöglichen“, erinnert sich Leben mit Demenz Egon Sodan und seine Frau Hildegard in früheren Tagen
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