32 | Gute Pflege | 1_2025 | Wir sind ja vor einigen Jahren gestartet mit zwei Problemen: einmal den Eigenanteilen, die zu hoch sind im stationären Bereich, zum anderen der Sektorenbegrenzung, die innovative Versorgungsformen unmöglich macht. Und wir haben gesagt, wir müssen beides gleichzeitig in den Blick nehmen. Genau das haben wir jetzt gemacht mit dieser Konzeption der Pflegereform in drei Stufen, wo wir sagen, im Sofortprogramm bekämpfen wir den Eigenanteil im stationären Bereich. In der zweiten Stufe, zwei Jahre später, führen wir dann bedarfsorientierte Leistungen auch im ambulanten Bereich ein. In der dritten Stufe vereinheitlichen wir das Ordnungsrecht, sodass wir im Ergebnis wirklich sektorenfreie Versorgung haben. Also ein Konzept, das umfassend ist, das in den einzelnen Teilen ausdifferenziert ist, das aufeinander abgestimmt ist und das mit einem ambitionierten Zeitplan hinterlegt ist. Das ist schon eine ganze Menge auf einmal für ein Grundkonzept. Jetzt sagte ja Bernhard, unsere Eigenanteile liegen schon bei über 4.000 Euro im Monat. Wie viel Zeit bleibt uns? Heinz Rothgang: Das Sofortprogramm sollte sofort umgesetzt werden. Man spricht ja manchmal von dem 100-Tage-Programm einer Regierung. Das fände ich schon angemessen, wenn eine wirksame Begrenzung der Eigenanteile da drinsteht. In Kraft treten würde das wahrscheinlich trotzdem erst zum ersten Januar nächsten Jahres. So lange muss man noch ausharren. In der zweiten Stufe des Reformkonzepts geht es darum, pflegende Angehörige zu entlasten. Etwas provokant gefragt: Was hat das mit uns als Heimstiftung zu tun? Bernhard Schneider: Wir als Heimstiftung sind im bundesweiten Ranking der drittgrößte Anbieter ambulanter Pflege. Wir versorgen über 4.500 Kundinnen und Kunden im ambulanten Bereich. Wir haben 40 Mobile Dienste und viele Tagespflegen. Das heißt, wir sind im Bereich der Pflege mit einem großen Anspruch unterwegs, Menschen im Alter und bei Pflegebedürftigkeit den Lebensentwurf zu ermöglichen, den sie sich vorstellen. Auch wir leiden unter den Sektoren: Manche Mitarbeitenden arbeiten in Pflegeheimen, andere beim Mobilen Dienst. Und unsere Vision ist schon seit vielen Jahren, dass die Mitarbeitenden flexibler werden können. Morgens arbeiten sie im Pflegeheim, am Nachmittag in der Tagespflege und bei Dienstschluss schauen sie vielleicht noch in ihrem eigenen Quartier, ob es Frau Meier Zuhause gut geht und ob sie ihre Stützstrümpfe anhat. Wir arbeiten daran im Übrigen ja schon seit vielen Jahren. Wir bauen seit fast zehn Jahren Pflegeeinrichtungen strikt nach unserem sogenannten Wohngruppenmodell. Und diese Wohngruppen könnten wir in eine ambulante WG umwandeln. Es würden also ambulante, gemeinschaftliche Wohnformen in Gebäuden entstehen, die heute noch Pflegeheime sind. > > > Pro-Pflegereform „ Ein Konzept, das umfassend ist, das in den einzelnen Teilen ausdifferenziert ist, das aufeinander abgestimmt ist und das mit einem ambitionierten Zeitplan hinterlegt ist.“ Prof. Dr. Heinz Rothgang, Universität Bremen
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