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Jahreslosung

und danach tun! Also wie am Anfang der Schöp-

fung: Gott muss zum zweiten Mal seinen Lebens­

atem in die Menschenseele einhauchen. Eine See-

lentransplantation. Unter einer Neuschöpfung

kriegt man den Menschen nicht wieder hin

Erst

dann öffnen sich gleichsam die Türen des Para-

dieses wieder. So beschreibt es der Zusammenhang

beim Propheten. Neuschöpfung – ein Programm,

das über Reformationweit hinausgeht! Wir merken,

der Prophet Hesekiel ist ein unbequemer, radikaler

und sehr klarer Denker.

Wie denken wir über seine

Analyse und seine Therapie –

genauer natürlich:

Gottes Analyse und Therapie?

Ich finde, wennman die Zeitläufe beobachtet, dass

man manchmal den Eindruck haben muss, dass

die Menschheit herzkrank ist und es viele Dinge

gibt, die einem das Herz beschweren. Es war ja

schon ein nachhaltiger Schock, die Attentate, die

wir letztes Jahr erlebt haben, zuletzt vor Weih-

nachten in Berlin. In Amerika tritt ein Präsident

an, der im Wahlkampf die untersten Schubladen

geöffnet hat und Dinge von sich gegeben hat, die

auch den mindesten Anstandsregeln Hohn spre-

chen. Wer wird glauben, dass das bloß im Wahl-

kampf so war? Sonst hört man in USA immer auch

die Stimme der ganz Frommen, die sich über alles

Mögliche aufregen. Seltsamerweise war die hier

nicht zu vernehmen.

Es sind heute wieder Dinge möglich, von denen

man gedacht hat: Sind wir nicht eigentlich schon

weiter gewesen? Die Leute werfen sich über Face-

book Dinge an den Kopf, über die man sich immer

wieder nur fremdschämen kann.

Es finden Kriege statt mit einer Gewaltdynamik,

die einen erschüttert und alle stehen dabei und

zucken hilflos mit den Achseln. Der russische

Präsident bezeichnet den Krieg in Aleppo vor

großer Öffentlichkeit als humanitäre Aktion – ja,

wo sind wir denn?

Jahrzehntelange Versäumnisse – auch durch uns

– führen zu Hunger- und Flüchtlingskatastrophen.

Und auf der anderen Seite geht es um Geld, Geld,

Geld und Macht. Das hat es doch tatsächlich sehr

viel mit galoppierender Herzlosigkeit zu tun.

Ich denke schon, wir leben in einer kritischen

Phase. Wir leben inmancher Hinsicht auf dünnem

Eis. Kein Wunder, wenn die Menschen dünnhäu-

tig und verunsichert sind und irrational werden.

Das alles kann schon das Herz beschweren. Es gibt

ein Gedicht von Erich Kästner mit der Frage: „Herr

Kästner, wo bleibt das Positive?“ Seine Antwort

lautet: „Ja, weiß der Teufel, wo das bleibt ….“

Gewiss, wir wollen nicht alles schwarz malen. Na-

türlich gibt es auch Positives. Sonst könnte man gar

nicht leben. Nicht überleben. Es ist die Frage, ob es

in den Krisen und Umbrüchen der Welt Kräfte von

innen heraus gibt, die eine Selbsterneuerung, ge-

wissermaßen eine Reformation ermöglichen.

Wir werden die Jahreslosung und die gesamte Bibel

nur wirklich ernst nehmen, wennwir nicht auf eine

Selbstheilung von innen heraus setzen, sondern die

Dimension Gottes ins Spiel bringen. Das ist das

Positive! Niemand in dieser Welt hat Gott gewisser-

maßen auf der Rechnung. Viele werden ihn als eine

quantité négligeable ansehen. Wir nicht! Hoffnung

für die Welt, Hoffnung für die Menschen gibt es,

weil es Gott gibt – und sein großes Transplantations-

projekt. Humanität ohneMaschinenherz, eine neue

Seele, die sich durch Empfindsamkeit auszeichnet,

vor allem aber durch einen neuen Respekt vor Gott:

Das sind die Werke Gottes.

Und weil der Zusammenhang das Herz ein wenig

schwer machen kann, kommt zum Schluss noch

etwas Leichtes: Die Skizze von Paul Klee: „Ein

Engel bringt das Gewünschte“. Vielleicht dem

Patientenmit der transplantierten Seele. Ein Engel,

der hereintritt wie die Hausdirektorin oder eine

Pflegekraft, mit ganz beschwingtem fröhlichem

Schritt – vor sich das Tablett mit dem Frühstück,

sogar mit einer Rose – aber zentral ist das Herz, das

er mitbringt! Das, glaube ich, brauchen wir alle:

Dinge, Menschen, Begegnungen, die das Herz

erfreuen; die steinerne Herzen verwandeln. Schön,

wenn unsere Häuser, Häuser solcher Herzlichkeit

sind! Das ist unser Markenkern. Nicht zu vergessen

der Rahmen bei Paul Klee, der aussieht wie die

beiden Gesetzestafeln des Mose am Sinai. Die

Liebe ist ja des Gesetzes Erfüllung. Möge uns allen

je und dann ein Engel das Gewünschte bringen!

Martin Luscher,

stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzender

„Häuser der

Herzlichkeit

Martin Luscher

„Aus der Heimstiftung“

1/2017

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