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Jahreslosung

Liebe Freundinnen und Freunde

der Evangelischen Heimstiftung,

der Prophet Hesekiel hat bisweilen eine Neigung

zu ziemlich expressionistischen, drastischen

Gleichnissen. So auch hier. Man kann es eigentlich

nicht anders bezeichnen: Hier geht es um eine

Transplantation. Gott als der große Transplanta-

tionsmediziner für sein

Volk! Um zu verstehen,

was das Bild meint,

müssen wir uns einen

Augenblick auf diesen

Gedankengang in He-

sekiel 36 einlassen:

Voran geht eine Anam-

nese und Diagnose. Der

Patient ist offenbar

schwer herzkrank. Der

Prophet führt aus, dass

das Volk Israel übel

gehandelt hat und des-

halb in die Gefangen-

schaft versprengt wor-

den ist. Die Diagnose

lautet: Totale Herzver-

steinerung. Sein zen-

trales Vergehen: Nicht

dieser oder jener mora-

lische Lapsus, nein,

vielmehr die Entheili-

gung seines Namens.

Das ist keine Lappalie,

sondern gleichsam die

Büchse der Pandora. Einmal geöffnet, entströmt

ihr sozusagen alles, was Gott verboten hat. Das

Besondere aber ist, dass er, Gott, sich aber nun –

von sich aus, durch nichts anderes bewogen als

durch den eigenen Willen – wieder barmherzig

erzeigen und sich erneut heilig erweisen will.

Wie geht das? Wie macht man einen Sünder neu?

Das ist wie mit einer Herzerkrankung. Jeder weiß:

Der gute Wille allein genügt nicht. Gutwillige gibt

es viele, aber gut gemeint allein ist nicht genug. Das

war ja auch die Einsicht der Reformatoren. Hier

helfenweder Herztropfen nochHerzschrittmacher,

auch keine Reha-Maßnahme mehr – nicht einmal

Bad Sebastiansweiler. Wie also ist Gottes Plan?

Gleichsam in drei Stufen:

Die erste Heilmaßnahme ist schon angesprochen:

durch Besprengung mit reinem Wasser (Hesekiel

36,25). Wir assoziieren wahrscheinlich sogleich

den Vorgang der Taufe als symbolische Reinigung.

Das reicht aber nicht. Der unausgesprochene Ein-

wand ist: Eine solche Reinigung bleibt ja letztlich

etwas Äußerliches. „Wasser allein tut’s freilich

nicht“, sagt ja auch Luther im Kleinen Katechis-

mus. Wenn jemand wirkliche und echte Herzpro-

bleme hat, hilft nicht die äußerliche Anwendung

von klarem Wasser.

Also die zweite Maßnahme: Die Herztransplanta-

tion. Das Herz, nicht so sehr weil es die unermüd-

liche Pumpe des Lebens ist, sondern weil es der

Sitz aller Gefühle, Beweggründe, Empfindungen,

aller Liebe, allen Hasses, aller Bosheit ist. Ange-

sichts der Diagnose heißt es: Alles muss raus.

Nichts mehr zu retten. Ein neues Herz muss her.

Ein menschliches Herz, kein steinernes mehr, kein

Maschinenherz. Es muss ein Ende haben mit der

Herzlosigkeit in der Welt.

Aber es ist, als denke der Prophet im Stillen weiter

und sagt sich: Auch das reicht noch nicht. Es reicht

nicht, wenn die Oberfläche sauber ist, es reicht noch

nicht, wenn der Motor wieder neu funktioniert. Es

fehlt noch der dritte Schritt, die Vollendung: Ein

neuer Geist, eine neue Seele, könnte man vielleicht

auch sagen. Deshalb setzt sich der Vers der Losung

fort imVers 27: Ichwill meinenGeist in euch geben

und will solche Leute aus euch machen, die in

meinenGebotenwandeln undmeine Rechte halten

Und ich will euch ein neues Herz und einen neuen Geist in euch geben

und will das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein

fleischernes Herz geben.

(Hesekiel 36,26)

Lutherübersetzung 2017:

Mehr als bloß

Reformation!

Paul Klee: „Ein Engel bringt das Gewünschte“

14

„Aus der Heimstiftung“

1/2017